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Alternativbericht zur Istanbul-Konvention

Deutschland wird seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen zum Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt nicht gerecht

An dieser Stelle veröffentlichen wir die Pressemitteilung vom Bündnis Istanbul-Konvention zum Alternativbericht zur Istanbul-Konvention, der am 19.11.2025 erschienen ist. S.I.G.N.A.L. e.V. ist Teil des Bündnisses und hat maßgeblich an der Erstellung des Berichts mitgewirkt.

Das Bündnis Istanbul-Konvention (BIK) veröffentlicht heute seinen Alternativbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland. Der Bericht wird GREVIO, dem unabhängigen Expert*innengremium des Europarats, vorgelegt und zeigt auf: Es bestehen weiterhin massive Lücken beim Schutz vor geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt. Es fehlt zudem an einer klaren Verbindlichkeit bei der bundesweiten Umsetzung der Maßnahmen. Der Alternativbericht des Bündnisses Istanbul Konvention (BIK), der in einem fast einjährigen Prozess unter Einbezug von Fachstellen, Selbstorganisationen und Betroffenenperspektiven erarbeitet wurde, beleuchtet diese Versäumnisse detailliert und zeigt den akuten Handlungsbedarf auf.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen nimmt zu, Schutzlücken bleiben bestehen

Gewalt gegen Frauen, Mädchen und TIN*-Personen ist eine massive Verletzung der Menschenrechte. Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention hat sich die Bundesregierung verpflichtet, wirksamen Schutz zu gewährleisten und Gewalt systematisch abzubauen. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild: Während die Gewalt gegen Frauen zunimmt, bleibt die Umsetzung der Konvention fragmentiert und unverbindlich. Vor allem intersektionale Defizite und Schutzlücken werden weiterhin nicht ausreichend berücksichtigt. Bereits 2022 hatte GREVIO erhebliche Mängel aufgezeigt.

Zentrale Kritikpunkte: Mangelnde Verbindlichkeit und fehlende Intersektionalität

Die vorgelegte Gewaltschutzstrategie der Bundesregierung erwähnt zwar intersektionale Perspektiven, wendet sie aber nicht grundlegend als Konzept an. „Vulnerable Gruppen, darunter Frauen mit Behinderungen, Geflüchtete, wohnungs- und obdachlose Frauen, Sintizze und Romnja sowie trans, inter und queere Personen, haben durch institutionelle Hürden, diskriminierende Praktiken und fehlende Ressourcen kaum oder nur sehr erschwerten Zugang zum Hilfesystem.“ (Dr. Delal Atmaca, DaMigra).

Es braucht einen grundlegenden Paradigmenwechsel von Leuchtturm-, Pilot- und Modellprojekten hin zu flächendeckenden, nachhaltig finanzierten und diskriminierungsfreien Strukturen im Gewaltschutz, welche die gewonnenen Erkenntnisse aufgreifen und umsetzen.

„Es ist völlig unhaltbar, dass es immer noch strukturelle Defizite in der Finanzierung der gesamten Arbeit gegen geschlechtsspezifische Gewalt gibt. Das betrifft auch die Bundesebene: Die Berichterstattungsstelle zur Istanbul-Konvention ist entgegen der Forderung der Konvention bisher nicht abgesichert. Wenn wir Pech haben, ist sie ab 2027 einfach weg.“ (Katja Grieger vom bff).

Rechte Gewalt verschärft das Klima

Das Bündnis warnt: Antifeminismus, Rechtspopulismus und Kürzungen im sozialen Bereich gefährden den Schutz von Gewaltbetroffenen. Besonders restriktive migrationspolitische Maßnahmen, wie die geplante Umsetzung der GEAS-Reform, drohen den Zugang zum Hilfesystem für geflüchtete und migrierte Gewaltbetroffene weiter einzuschränken.